Berlin/Kelheim, 24. September 2024 – Das KelRide-Projekt unter der Leitung von EasyMile und in Zusammenarbeit mit TÜV Rheinland, Via, P3 Group, Landkreis Kelheim und der Technischen Universität Berlin, wurde erfolgreich abgeschlossen. Das Projekt ist die erste und größte Integration von hochautomatisierten und konventionellen Fahrzeugen in das öffentliche Verkehrsnetz in Deutschland.
Das KelRide-Projekt, das von April 2021 bis Juni 2024 lief, hatte zum Ziel, die Wettertauglichkeit hochautomatisierter Fahrzeuge zu verbessern und deren zuverlässigen Betrieb sicherzustellen. Das Betriebsgebiet erstreckte sich auf ein 30 Kilometer langes Straßennetz – das bislang größte Betriebsgebiet einer hochautomatisierten Flotte im Europa.
Im Projekt konzentrierten die Partner sich auf zwei wesentliche Hürden des autonomen Fahrens: zum einen stand die sichere Funktion der Technologie bei (fast) allen Wetterbedingungen im Fokus. Widrige Wetterbedingungen wie starker Schneefall, Regen oder Nebel schränkten bisher die Effektivität autonomer Fahrzeuge ein. Hierfür entwickelte und testete das Konsortium verbesserte Sensortechnologien und adaptive Softwarelösungen, um diese Herausforderungen zu überwinden, und erhielt die Genehmigung für den öffentlichen Einsatz. Dabei bewältigten die hochautomatisierten Fahrzeuge insgesamt 5173 Betriebsstunden, von denen 2000 Betriebsstunden bei widrigen Wetterverhältnissen stattfanden, was die Widerstandsfähigkeit der entwickelten Technologien unterstreicht. Zum anderen konzentrierte sich das Projektkonsortium auf die Integration hochautomatisierter Fahrzeuge in eine gemischte Flotte mit konventionell betriebenen Fahrzeugen – bis dato ein absolutes Novum.
Arwed Schmidt, Geschäftsführer von EasyMile Deutschland: “Das Projekt KelRide war ein bedeutender Meilenstein für EasyMile. Wir haben erfolgreich unser größtes Deployment durchgeführt und unsere Allwetterfähigkeiten weiterentwickelt. Außerdem KelRide uns wertvolle Erkenntnisse über den Betrieb eines groß angelegten hochautomatisierten Shuttle-Services geliefert. Die gewonnenen Einsichten werden uns helfen, unsere Technologie weiter zu verbessern. Unser Engagement für Innovation und Fortschritt im Bereich des autonomen Fahrens bleibt ungebrochen. Wir danken allen Partnern und Beteiligten für die erfolgreiche Zusammenarbeit bei diesem wegweisenden Projekt.”
Während des Testbetriebs in mehreren Ausbaustufen über insgesamt 18 Monate konnten Nutzerinnen und Nutzer im Landkreis Kelheim fünf hochautomatiserte Fahrzeuge auf Abruf als Teil des öffentlichen Verkehrssystems buchen. Das Einzugsgebiet des Services umfasste dabei rund 4.500 Menschen, die von den erweiterten Mobilitätsangeboten profitieren konnten. Insgesamt wurden über 14.000 einzigartige Registrierungen im KEXI-Dienst verzeichnet, und seit Juli 2021 wurden mehr als 90.000 Fahrgäste im kombinierten Service befördert. Dabei demonstrierte die Flotte technische Effizienz und Zuverlässigkeit, insbesondere im Winter. Besonders hervorzuheben ist, dass der gesamte Betriebszeitraum unfallfrei verlief, was die Zuverlässigkeit und Sicherheit des Systems unter Beweis stellt.
Xanthi Doubara, Geschäftsführerin von Via Deutschland, sagt hierzu: „Unsere Arbeit im KelRide-Projekt zeigt das Potenzial von autonomen On-Demand-Verkehren, den Zugang zu gerechter, effizienter und flexibler Mobilität zu erweitern. Wir sind stolz darauf, dass unsere Software bereits erfolgreich in mehr als 45 Diensten in Deutschland eingesetzt wird und den öffentlichen Verkehr in Gemeinden aller Größen verbessert.“
Der TÜV Rheinland konnte im Rahmen des KelRide-Projekts die erforderlichen Prüfmethoden innerhalb des Zulassungsprozesses von hochautomatisierten Fahrzeugen erforschen und anwenden. Neben der Untersuchung der Anforderungen und Nachweise im Zusammenhang mit ungünstigen Witterungseinflüssen wurden auch neue Bewertungsmethoden für die Prüfung des ausgedehnten Streckennetzes entwickelt.
„Im KelRide-Projekt konnten wir zusammen mit den Projektpartnern zeigen, dass wir in der Lage sind, sämtliche Einsatzbedingungen bei den Fahrzeuguntersuchungen zu berücksichtigen. Auch die von uns durchgeführten Risiko-Analysen des großen Betriebsgebietes haben zur erfolgreichen Zulassung der Fahrzeuge beigetragen“, zeigt sich Rico Barth, Globaler Business-Segment-Leiter für hochautomatisierte Systeme, zufrieden über den Projekterfolg. Die Technische Universität Berlin simulierte das Mobilitätsverhalten in Kelheim und untersuchte mithilfe der aktivitätenbasierten Verkehrssimulationssoftware MATSim Auswirkungen von verschiedenen Konfigurationen des hochautomatisierten Dienstes auf die Nachfrage, das Verkehrssystem und dessen Umweltwirkung.
Prof. Dr. Kai Nagel vom Fachgebiet Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik der TU Berlin: „Im Projekt KelRide konnten wir erfolgreich demonstrieren, dass agentenbasierte Verkehrssimulationen entscheidend zu einer sinnvollen, nachhaltigen und nutzerorientierten Auslegung von Verkehrssystemen beitragen können, indem sie als Werkzeug zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt werden. Die gesammelten Erkenntnisse fließen in die Weiterentwicklung unserer Simulationsumgebung und die universitäre Lehre ein “
Die P3 Group brachte ihre Expertise in den Bereichen Projektmanagement, Kostenanalyse und Organisationsdesign ein, um eine termingerechte Lieferung und nachhaltigen Projekterfolg zu gewährleisten. Ihre Arbeit umfasste auch die Entwicklung eines Business Cases und Nutzungskonzepts als Blaupause für andere Gemeinden, um die Skalierbarkeit des Projekts in ganz Europa sicherzustellen. Marco Dargel, Partner und Leiter autonomes Fahren bei P3, sagt: “Unser Verwertungskonzepts und vor allem die geschaffene wirtschaftliche Transparenz zeigt, worauf es bei der Skalierung von autonomen Ride Pooling Projekten in Europa ankommt. Diese einzigartigen Erkenntnisse werden für eine Beschleunigung in der Umsetzung neuer Services sorgen. Die Erkenntnisse stehen dabei nicht nur in strukturierter Form zur Verfügung, sondern unser geschaffenes Netzwerk zu den innovativsten Kommunen sorgt für direkten Übertrag. Auch für Fahrzeug- und Software-Anbieter sind die Entwicklungsziele durch P3 eruiert, die für eine erfolgreiche zukünftige Umsetzung der Services erforderlich sind.”
Der Landkreis Kelheim unterstützte die Entwicklung und Umsetzung des Projekts und stimmte es mit lokalen Zielen ab, um den öffentlichen Verkehr zu optimieren und den Einsatz privater Fahrzeuge zu reduzieren, wodurch der Zugang zum öffentlichen Verkehr erhöht wurde. Landrat Martin Neumeyer: “Wir sind stolz, dass wir mit KelRide das größte Reallabor Deutschlands zur Weiterentwicklung der autonomen Mobilität in Deutschland aufbauen durften. Die im Rahmen des Realbetriebs gewonnenen Erkenntnisse sind eine gute Grundlage für die Entwicklung eines zukunftsfähigen Autonomen Level 4-Betriebs.”
Das KelRide-Projekt wurde mit 10,9 Millionen Euro vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Durch die umfangreichen Tests und die gewonnenen Erkenntnisse konnte das Projekt wertvolle Einblicke in die Vorteile und die Akzeptanz autonomer On-Demand-Verkehre gewinnen. Diese Erkenntnisse sind von entscheidender Bedeutung für die Weiterentwicklung der autonomen Fahrzeugtechnologie im öffentlichen Verkehr und bieten eine solide Grundlage für zukünftige Projekte und Innovationen in diesem Bereich.